Warener Stammtisch der Hochseefischer
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Wie wurde ich Hochseefischer? von Udo Vick Ich möchte euch mal erzählen, wie ich zur Hochseefischerei gekommen bin. Obwohl ich eigentlich in meiner frühsten Jugend nie daran geglaubt habe, dass ich je bei der Hochseefischerei landen werden. An dieser Stelle würde meine Enkeltochter jetzt sagen: „Opa, das ist eine lange Geschichte“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mein innigster Wunsch war es einfach zur See zu fahren. Schon als Schuljunge hat sich das ganz deutlich für mich herausgebildet. Bedingt wurde es dadurch, dass ich fast immer in den Sommerferien für einige Tage oder Wochen bei einer Patentante in Wismar sein durfte. Dazu kam, dass mein Onkel auf der „Martins-Thesen-Werft“ arbeitete und mich immer, wenn sich eine Gelegenheit ergab, mit nahm in die Werft. Da waren unter anderem die Stapelläufe, Tage der offenen Tür oder irgendwelche Ehrentage. Am meisten interessierten mich natürlich die Schiffe, die an der Ausrüstungspier lagen und fast fertig waren oder die Schiffe, die zur Reparatur da waren. Unter anderem waren da einige große Passagierschiffe, die für die SU waren. Wie z. B. die „Maxim Gorki“, die „Alexander Puschkin“ u.a. aber auch Deutsche. Sicherlich hat sich dabei der Wunsch bei mir festgesetzt, „du musst und willst“ Seemann werden, du willst die weite Welt sehen und erleben. Bevor ich jetzt 1964 meine Schule, d. h. die 10 Klasse, beendete, hieß es ja sich einen Beruf bzw. eine Lehre zu suchen. Ich wollte ja Seemann werden. Aber leider gab es zur damaligen Zeit einen ganz eigenartigen Beschluss , der hat es verboten, ob jetzt vom Bezirk oder der DDR – Regierung weiß ich nicht, das Lehrlinge außerhalb ihres Heimatkreises eine Lehre beginnen dürfen. Zu mindesten haben meine Eltern mir dass immer erzählt. Ich hatte dabei immer den Hintergedanken, dass meine Eltern mir da was vorgegaukelt hatten, besonders meine Mutter. Heute weiß ich inzwischen, dass ich meinen Eltern gedanklich Unrecht getan habe. Im vergangenen Jahr gab es eine Sendung im Radio bei „Radio Mecklenburg/Vorpommern“ in der es um dieses Themen ging. Danach hat es 1964/65 so etwas tatsächlich gegeben. Dabei weiß ich allerdings nicht, ob es das nur für den Bezirk Rostock gab oder für die ganze DDR. Aufgeben wollte ich natürlich meinen Traum nicht und habe mir jetzt gedacht du musst einen Beruf erlernen, der für die Seefahrt nützlich sein könnte. Da kam im Raum Grimmen für mich nur in Frage entweder Kfz – Schlosser oder Landmaschinen- und Traktorenschlosser. So erlernte ich in 2 1/² Jahren den Kfz – Schlosserberuf. Während der Lehrzeit kam jetzt das Wehrkreiskommando in unser Leben. In einer ersten Gesprächsrunde ging ja darum, machst du deinen normalen Grundwehrdienst, gehst du Länger oder verweigerst du die ganze Geschichte. Ich hatte jetzt eine grandiose Idee, dachte ich wenigstens. Wenn es schon nicht klappt mit der Reederei, dann gehst du zur Marine. Um der ganzen Sache auch Nachdruck zu verleihen, verpflichtest du dich auf längere Zeit. Damit es auch sicher klappt, machst du 10 Jahre. Oh Gott, was hatte ich erstmal für eine Lawine los getreten. Im Betrieb war ich auf einmal der Größte, die Lokale Zeitung kam und machte Foto’ s und einen Bericht kam auch in die Zeitung. Jeder in unserem Nest wusste jetzt bescheid, dass war mir gar nicht recht. Na ja, dann kam die Zeit der Überprüfung der Wehrunterlagen. Hier sagte man mir 10 Jahre ist gut und schön, nur für den Bereich Grimmen gibt es gegenwärtig keine Planstelle dafür. Na, jetzt war ich erstmal wieder geschockt und konnte die Welt nicht mehr verstehen. Da ich ja unbedingt zur Marine wolle, schlugen sie mir vor auf Unteroffiziersschule, d.h. Maatenschule, für 4 Jahre zu gehen. Dazu müsse ich eine Verpflichtungserklärung unterschreiben und alles andere wird eingeleitet. Jetzt kam ja der Tag der endgültigen Musterung. Gleich im ersten Zimmer teilte man mir mit meine Verpflichtungserklärung über 4 Jahre liegt nicht vor. Das sein aber kein Problem du unterschreibst einfach eine Neue und alles ist geritzt. Jetzt gab es ja noch einige Stationen, die man durchlaufen musste, wie Arzt usw. Zum Schluss noch ein kleines Gremium mit dem Chef des Wehrkreis-kommandos. Den sein Gesicht werde ich nie vergessen. Erst blafft der mich an, was ich eigentlich will, er habe 2 Verpflichtungserklärungen von mir vor liegen. Marine ist nicht sagt er dann, wir haben für dich keine Planstelle, ich solle 4 Jahre zu den Raketentruppen oder Panzertruppen gehen. – Nee habe gesagt, da will ich nicht hin. Dann gehst du eben für 18 Monate an die Grenze. Das ist mir dann auch egal habe ich geantwortet. Während meines Grundwehrdienstes habe ich mich jetzt endlich bei Deutschen Seereederei in Rostock beworben. Auf diese Bewerbung hin erhielt ich auch schnell eine Antwort mit einem Vorstellungstermin im Haus der Schifffahrt in der Langen Straße. Hier an dieser Stelle muss man ja sagen, dass die Armee darauf bedacht war, dass jeder nach seiner Armeezeit auch eine Arbeitsstelle hatte. Man bekam völlig problemlos frei dafür. Nun ja, ich bin ganz aufgeregt zu diesem Termin gefahren. Schon wenn man da hinein kam, hat man es förmlich gerochen, dass ist ein andere Welt. Es fand dann ein sehr interessantes Gespräch statt, wo ich auch unter anderem gefragt wurde, auf was für Linien ich gern fahren würde. Meine Vorstellungen lagenbesonders bei den Levantelinie oder Südamerika, das wäre schon ein Traum für mich. Meiner Meinung nach sind wir sehr positiv aus einander gegangen und ich war felsenfest davon überzeugt, dass wird was. Vielleicht so 14 Tage später bekam ich Post von der Seereederei, mit einer Ablehnung. Für mich brach eine ganze Welt zusammen. Sinngemäß stand in dem Brief: „Sie können zum jetzigen Zeitpunkt keine Einstellung mit mir vornehmen. Ich solle noch für mindestens 2 Jahre in meinen Beruf praktische Erfahrungen sammeln und es noch mal dann versuchen.“ Jetzt hab ich gedacht die sind nicht ganz dicht, irgendwas stimmt hier nicht. Die suchen auf der einen Seite Leute noch und nöcher und zu dir sagen sie du bist nicht reif genug dafür. Ich war so was von platt, platter geht nicht. Da ich 24 Stunden Dienstfrei hatte, gab es erst mal einen richtig zur Brust. Ich glaube so habe ich mir den Kanal noch nie voll gehauen. Bei all diesem Dilemma hatte ich ein Riesenglück. Ich war in der gleichen Gruppe auf der Grenzkompanie mit einem gelernten Hochseefischer auch noch auf dem gleichen Zimmer zusammen. Vielleicht kennt ihn einer von Euch. Er hieß Friedhelm Vielland und kam aus Velgast bei Stralsund. Leider habe ich ihn nie im Kombinat getroffen. Der sagte nun zu mir, weißt du was ich gebe dir mal die Adresse vom Fischkombinat, die suchen auch immer Leute. Und als Auto-schlosser meinte er hast du 100 %ig eine Chance. Gut, ich habe mich dann entschlossen es zu tun und habe mich beim Fischkom- binat Rostock beworben. Es dauerte gar nicht lange und ich erhielt Post vom Kombinat. Mit dem Inhalt, dass sie freudig eine Einstellung mit mir entgegen sehen. In dem Schreiben wurde mir alles mitgeteilt, was sie alles von mir brauchen und erwarten. Gleichzeitig sollte das erforderliche Einstellungsgespräch am 04. November 1968 erfolgen. Am 30. Oktober 1968 wurden wir erst von der Armee entlassen. Also viel Zeit blieb mir nicht alles erforderlich auf die Reihe zu bringen. Am 03.11.1968 bin ich angereist. Das Schreiben zum Vorstellungsgespräch diente gleichzeitig als Erlaubnis im HdH zu übernachten. Somit habe ich mal gleich erlebt, was das HdH mit seiner „Höhle“ ist. Es sollten noch viele Erlebnisse folgen. Früh morgens am 04.11.1968 fand nun mein Einstellungsgespräch statt. Vorher hatte ich aber gleich ein fast umwerfendes Erlebnis auf dem Weg dahin. Auf den Weg über die S-Bahnbrücke zum Kombinat schlug mir der unvergessliche Geruch der Fischmehlfabrik entgegen. Fast ein Grund wieder umzukehren! Also am Vormittag des 04. November fand das Einstellungsgespräch in einer kleinen Hütte am Eingang statt. Nachmittags war dann ein Treff im „Fred- Wehrenberg-Saal“, wo jeder mit seinen Laufzettel eine Runde drehte, denn hier waren alle notwendigen Bereiche, Parteien und Organisationen vertreten. Das kurioseste dabei war, dass die FDJ nicht anwesend waren und ich von dem Zeitpunkt an kein FDJ-Mitglied mehr war. Ich hatte somit keine Unterschrift und keinen Stempel auf den Laufzettel. Böse war ich natürlich nicht. Zurück ging es dann wieder mit einem erneuten Schreiben ins HdH und das dort erlebte überstieg zu nächst all meine Vorstellungskraft. Ich und auch einige andere Neue haben sich aber diskret zurück gehalten. Wir mussten ja nächsten Morgen für einen Betriebsrundgang fit sein und dann durften wir erste Aufräumungsarbeiten im Betrieb verrichten. Wo, na in der Salzerei. Somit war ich „Hochseefischer“. Es ging alles sehr schnell für mein Empfinden. Am 04.11.1968 eingestellt, am 06.11.1968 erhielt ich mein Seefahrtsbuch und am 08.11.1968 war ich auf See. Meine erste Reise machte ich auf ROS 318 „Breitling“. Gemustert war ich als Maschinenassistent, gearbeitet habe ich aber als Verarbeiter mit der Zusage die nächste Reise machst du in der Maschine – und das war auch so. Verantwortlich dafür war der Maschineninspektor Karli Berger, den ich stets geachtet habe. Die erste Reise ging vom 08.11.1968 bis 28.12.1968 in die Ostsee. Hier wurden Heringe von unseren Loggern, den Saßnitzern und auch einigen Küstenfischern übernommen und ganz gefrostet. Diese Aktion gab es nur einmal und die untaugliche Anlage wurde auch wieder ausgebaut. Udo Vick Grimmen